Dass Techniker
nicht unbedingt begabte Wortjongleure sein müssen, liegt auf der Hand. Jeder
kennt Gebrauchsanweisungen, die eher an dadaistische Traktate erinnern als an
allgemeinverständliche Anleitungen. Erschwerend kommt hinzu, dass viele
Programme ursprünglich in englischer Sprache erstellt wurden. Das gilt auch für
Windows, dem ich kürzlich eine gewisse verbale Antiquiertheit vorgeworfen habe.
Bei
mindestens einer Leserin rannte ich damit offene Türen ein. Die Dame muss es
wissen, schließlich arbeitet sie selbst als Diplom-Übersetzerin. Da ich ihre
Ausführungen ungemein interessant finde, möchte ich sie an dieser Stelle mit
Ihnen teilen:
„Hallo Herr
Haubner, Sie werten die Verwendung des Begriffs »Diskette« in Windows 7 als
Zeichen für die Betagtheit des Programms. Das ist sicher richtig, aber diese
Formulierung, die auch in Windows 8 wieder auftaucht, kann noch weitaus älter
sein. Um die Kosten für die Übersetzung und Lokalisierung der Abermillionen
Wörter an Software-Strings und Online-Hilfe in die verschiedenen Zielsprachen
zu senken, werden schon seit Jahrzehnten Translation-Memory-Systeme verwendet.
Alle alten
Übersetzungen (legacy) werden in einer Datenbank gespeichert und bei Bedarf
automatisch unbesehen wieder verwendet. Für eine Lektorierung ist kein Geld da.
Der englische String dürfte »create password reset disk« heißen. »Disk« würde
man heute mit »Datenträger« oder »Speichermedium« übersetzen, womit man alle
möglichen Medien, auch künftige Entwicklungen, abgedeckt hätte. Aber die Krux
ist wie immer das liebe Geld. Es steht zu befürchten, dass sich mit zunehmender
technischer Weiterentwicklung legacy-Formulierungen immer abstruser und
unverständlicher anhören werden. Und dann schimpft man wieder auf die
Übersetzer.“
Die
Möglichkeit, fremdsprachige Texte einfach durch ein Übersetzungsprogramm zu
jagen, hat sicher nicht zur Verbesserung der Situation beigetragen. Was soll
auch dabei herauskommen, wenn eine Maschine das Technikerlatein in eine
verständliche Form bringen muss?
Man darf
jedenfalls gespannt sein, ob auch das in diesem Jahr erscheinende Windows 10
noch mit „Disketten“ arbeitet, was das nagelneue Betriebssystem im wahrsten
Sinne des Wortes gleich ziemlich alt aussehen lassen würde. Noch spannender
fände ich aber, etwas über Ihre Erlebnisse mit kryptischen Techniktexten zu
erfahren, und hoffe, dass Sie meine Kolumne nicht auch zu dieser Gattung
zählen.