Eine falsche Übersetzung von Telefongesprächen verzögert den Drogenprozess vor dem Landgericht




Die vereidigte Dolmetscherin muss Abhörprotokolle der Polizei von Telefonaten zwischen den drei Angeklagten überprüfen, weil sie von nicht vereidigten Sprachkundigen lückenhaft und teils falsch übersetzt worden seien. Drei Männer stehen vor Gericht für Drogenkurierfahrten zwischen Rotterdam und dem Hochrhein sowie Drogenhandel.

Rückschlag für die Anklage beim Drogenprozess vor der zweiten Großen Strafkammer des Landgerichts: Weil die Tonaufzeichnung abgehörter Telefongespräche zwischen den Angeklagten bei der Polizei laut der vereidigten Russisch-Dolmetscherin unvollständig und teils falsch übersetzt wurden, muss sie die Aufnahmen nun selbst abhören und neu übertragen.
Im Prozess gegen die Angeklagten M. (24 Jahre alt), K. (53) und L. (28) geht es vor allem um vier Kurierfahrten nach Holland, bei denen laut Anklage Heroin und andere Drogen an den Hochrhein transportiert und verkauft wurden. Mit Satellitenüberwachung des Autos, Kameraüberwachung der Garage und dem Abhören von Handys kam die Polizei auf die Spur der Drogenkuriere und fand im Wagen des Jüngsten nach dessen Rückkehr aus Rotterdam Heroin und synthetische Drogen. Der 24-Jährige soll stets gefahren sein, L. ihn einmal begleitet haben.

Die Beteiligung des 53-Jährigen aus dem Raum Stuttgart ist nur durch Telefonate zu beweisen. Der Älteste des Trios, der sich als Geschäftsmann seit Jahren erfolglos mit zahlreichen Projekten befasst und auch als freier Vermögensberater kaum Einnahmen nachweisen kann, soll die Fahrten organisiert haben, will aber mit Rauschgift nichts zu tun haben.


Die abgehörten Gespräche zwischen den dreien und mit anderen wurden fast immer auf Russisch geführt. Mit Niederschrift und Übersetzung beauftragte die Kriminalpolizei nicht vereidigte Sprachkundige. Das Ergebnis zog der Anwalt des 53-Jährigen, Victor Schulz, wiederholt in Zweifel.
Vor dem sechsten Verhandlungstag hatte die vereidigte Dolmetscherin der Hauptverhandlung vier Übersetzungen nachgeprüft und festgestellt, dass teilweise lückenhaft oder falsch übersetzt worden war. So tauchte in einer Niederschrift der Begriff „gemeinsame Kasse“ auf, der ihrer Übersetzung nach nirgendwo gefallen war. M.s Verteidiger Klaus Malek widersprach daraufhin der Verwertung aller Abhörprotokolle. Erst jetzt habe sich gezeigt, dass sie die Gespräche in einem Fall falsch und generell stark verkürzt wiedergegeben hätten. Der Freiburger Rechtsanwalt beschuldigte die Kriminalpolizei in Waldshut-Tiengen, die Regeln des Strafverfahrens verletzt zu haben und will die Staatsanwaltschaft prüfen lassen. Die Verteidiger Victor Schulz und Lambert Krause schlossen sich an.

Bis zum nächsten Prozesstermin am 6. Mai soll die amtliche Dolmetscherin nun alle verwerteten Gespräche überprüfen und neu übersetzen. Ob das die Angeklagten auch entlastet, ist noch die Frage. Das Gericht muss am Ende den Inhalt deuten, denn die Teilnehmer reden am Mobiltelefon nicht Klartext, sondern in Andeutungen. Vom bereits überprüften Text hatte auch die vereidigte Dolmetscherin nicht alles übersetzt, sondern die Flüche weggelassen – „Es waren zu viele“, sagte sie dazu.

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